Ratgeberseite: Das liegt mir wie ein Stein im Magen: Wann müssen Gallensteine behandelt werden?

24.02.2024 – Gallensteine sind kristallartige Ablagerungen, die sich in der Gallenblase unterhalb der Leber bilden können. Statistisch gesehen treten sie bei jedem 5. Deutschen auf. Dabei unterscheiden sie sich allerdings nicht nur in ihrer Größe von sandkornklein bis golfballgroß, sondern auch darin, ob sie Betroffenen Probleme bereiten oder nicht. Alles zu Ursachen und Symptomen und wann bei Gallensteinen Handlungsbedarf besteht, weiß Prof. Michael Kasparek. Der Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie ist Leiter der Viszeralchirurgie in der Klinik Josephinum.

Muss ich Gallensteine immer behandeln lassen?

Prof. Kasparek: Das ist eine gute Frage. Denn viele Menschen haben Gallensteine, ahnen davon aber nichts. Wichtig für Betroffene ist hier zu wissen: Solange Gallensteine keine Probleme machen, müssen sie in aller Regel auch nicht behandelt werden. Handlungsbedarf besteht allerdings, wenn die Steine Koliken, also krampfartige Schmerzen im Oberbauch, verursachen. Das passiert, wenn die Gallensteine wandern und dadurch etwa den Ausgang der Gallenblase oder den Hauptgallengang verstopfen. Sollten Gallensteine größer als 3 cm sein oder die Gallenblasenwand verkalken, wird auch zur Entfernung der Gallenblase und den Steinen geraten, da das Risiko für eine Entartung im Bereich der Gallenblase dann erhöht ist. Gelegentlich sind die Beschwerden aber auch nicht so typisch, so dass es sich in diesem Fall lohnt, sich zu einem individuellen Gespräch vorzustellen. Wir sind übrigens von der Kassenärztlichen Vereinigung als sogenannte „Zweitmeiner“ bei Fragen zur Behandlung des Gallensteinleidens zugelassen. PatientInnen, die eine zweite Meinung wünschen, wenn ihnen anderswo zur Entfernung der Gallenblase geraten wurde, können sich also gerne bei uns melden.

Was sind typische Symptome für Gallensteine?

Prof. Kasparek: Völlegefühl, ständiges Aufstoßen, Krämpfe und Blähungen können auf Gallensteine hinweisen. Sehr typisch sind auch stechende Schmerzen im Oberbauch, die häufig nachts auftreten oder nach einer großen und fettreichen Mahlzeit. Sie dauern mindestens fünfzehn Minuten, können aber auch über Stunden anhalten und dann wieder völlig verschwinden. Diese Schmerzen strahlen manchmal auch in den Rücken und die Schultern aus. Weitere Symptome sind Fieber, Übelkeit, teilweise mit Erbrechen und Schüttelfrost. Wenn sich Gallensteine im Hauptgallengang verklemmen, kann es zu gelben Augen, dem sogenannten Ikterus oder der Gelbsucht kommen. Dann fällt häufig auch ein dunkler („bierbrauner“) Urin und ein entfärbter Stuhlgang auf. Grundsätzlich gilt: Machen Gallensteine erst einmal Probleme, dann treten die Beschwerden in der Regel auch immer wieder auf. Deshalb meine Empfehlung: Spätestens bei wiederkehrenden Schmerzen an eine Fachärztin beziehungsweise an einen Facharzt wenden und die Beschwerden abklären lassen. Denn: Gallensteine können Entzündungen der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse verursachen, was auch heute noch gefährliche Erkrankungen sind.

Wann empfehlen Sie eine Gallenblasen-Operation?

Prof. Kasparek: Ich rate meinen PatientInnen in der Regel immer zu einer Gallenblasen-Operation, wenn die Gallensteine Beschwerden bereiten. Denn das Risiko ist einfach sehr hoch, dass Probleme und Schmerzen immer wieder auftreten und schwerwiegendere Folgen auslösen. Es gibt zwar grundsätzlich die Möglichkeit, Gallensteine mit Medikamenten aufzulösen. Aber dies ist nur in sehr seltenen Fällen sinnvoll. Außerdem kommen die Steine im weiteren Verlauf häufig wieder. Und spätestens bei Folgen wie Gallenkolik, Gallenblasen- oder Bauchspeicheldrüsenentzündung gilt: In all diesen Fällen empfehle ich die Entfernung der Gallenblase zusammen mit den darin enthaltenen Steinen. Die Gallenblase wird dann schonend im Rahmen einer Bauchspiegelung entfernt. Ich kann Betroffene beruhigen: Dieser Eingriff ist heute absoluter Standard und wird jährlich ungefähr 200.000 Mal alleine in Deutschland durchgeführt. Wir operieren unsere PatientInnen minimal-invasiv, also sehr schonend mit der sogenannten Schlüssellochtechnik. Hierbei sind nur kleinste Hautschnitte nötig. Bei der Operation lege ich die Gallenblase Millimeter für Millimeter frei und kann sie dann wie einen schlaffen Luftballon mitsamt den Steinen über einen der Hautschnitte in einem Plastikbeutel herausholen. Übrigens: Die geborgenen Gallensteine dürfen unsere PatientInnen dann mit nach Hause nehmen.

Braucht der Körper die Gallenblase denn gar nicht?

Prof. Kasparek: Nein, nicht zwingend. Denn die Gallenflüssigkeit, die vor allem zur Fettverdauung benötigt wird, wird von der Leber weiter produziert und fließt von dort aus in den Darm. Die Verdauung passt sich sehr rasch den neuen Verhältnissen an. Deshalb sind unsere PatientInnen nach der Operation tatsächlich schnell wieder fit, können in der Regel nach zwei Tagen auch schon wieder entlassen werden und sind nach ca. einer Woche wieder voll arbeitsfähig. Im Anschluss an die Operation müssen Betroffene übrigens auch keine besondere Diät einhalten.

Kann ich selbst der Entstehung von Gallensteinen vorbeugen?

Prof. Kasparek: Es gibt eine Reihe von Tipps, um Gallenbeschwerden nach Möglichkeit zu vermeiden. Dazu gehört zum Beispiel, regelmäßige Bewegung in den Alltag zu integrieren. Ebenso ist es ratsam, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Das bedeutet vor allem, Zucker und fetthaltiges Essen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Vollkornprodukte hingegen können der Bildung von Gallensteinen vorbeugen und sollten vermehrt in den Speiseplan eingebaut werden. Und grundsätzlich gilt: Um Auffälligkeiten an der Gallenblase frühzeitig zu erkennen, empfehle ich eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung bei der jeweiligen Hausarztpraxis.

Zeitungsseite als PDF: KW08_Prof. Kasparek_Gallensteine_24.02.2024

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Prof. Dr. med. Michael Kasparek

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