Ratgeberseite: Leistenschmerzen – Ein Leistenbruch kann lebensgefährlich sein

22.07.2019 – Es gibt viele Menschen, die von Leistenschmerzen gequält werden. Ob stechend, dumpf oder scharf — haben möchte sie niemand. Wir sprechen mit Prof. Kasparek über Ursachen, Diagnose und Behandlung von Leistenschmerzen bis hin zum Leistenbruch.

Warum sind Schmerzen in der Leiste überhaupt so häufig?

Prof. Kasparek: Im Bereich der Leistenregion setzen sehr viele Muskeln und Sehnen an und es finden sich hier mit dem Schambein, den Beckenknochen und vor allem auch der Hüfte viele Strukturen, die am Zustandekommen von Leistenschmerzen beteiligt sein können. Gleichzeitig ist die Leistenregion sehr gut mit sensiblen Nerven versorgt, über welche bei Irritation der Nerven Schmerzen ausgelöst werden können. Von innen betrachtet schließt die Leiste unsere Bauchhöhle nach unten hin ab. Beim Mann verlaufen jedoch Blutgefäße und der Samenstrang und bei der Frau ein von der Gebärmutter kommendes Band durch den sogenannten Leistenkanal im Bereich der Leiste. Der Leistenkanal bildet eine Art „Sollbruchstelle“ durch welche sich über die Zeit sogenannte Leistenbrüche vorwölben können.

Was können Ursachen für Leistenschmerzen sein?

Prof. Kasparek: Überlastung im Sport, Leistenzerrung, Hüftleiden, Harnsteine, Entzündungen, etc. können Leistenschmerzen hervorrufen. Es muss aber auch an einen Leistenbruch gedacht werden. Dieser entsteht in aller Regel nicht wie ein Knochenbruch ganz plötzlich durch ein einziges, verursachendes Ereignis, sondern meist über die Zeit, teils über viele Jahre. Es kommt zu einer immer größer werdenden, sackförmigen Ausstülpung des Bauchfells welche durch den Leistenkanal kommt und dann häufig auch von außen im Bereich der Leiste sichtbar ist. Schmerzen treten häufig dann vermehrt auf, wenn der Druck im Bauchraum zu nimmt, also beim Husten, Pressen oder beim schweren Heben. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen.

Ist ein Leistenbruch gefährlich?

Prof. Kasparek: Neben den Schmerzen birgt ein Leistenbruch die Gefahr, dass beispielsweise eine Darmschlinge in die Ausstülpung des Bruchsacks durch den Leistenkanal hineinrutschen und dort einklemmen kann, was zum Absterben der Darmschlinge, bis hin zum Darmdurchbruch führen kann. Dann ist eine notfallmäßige Operation erforderlich. Wir wissen heute, dass diese Gefahr größer ist, wenn der Leistenbruch Beschwerden verursacht, so dass spätestens dann zu einer Operation des Bruchs geraten wird. Aber auch bei sogenannten asymptomatischen Leistenbrüchen sollte immer eine Untersuchung und Beratung durch einen Chirurgen erfolgen.

Durch welche Verfahren kann ein Leistenbruch behoben werden?

Prof. Kasparek: Bei der Operation nach Shouldice wird die Hinterwand des Leistenkanals verstärkt, indem bestimmte Schichten der Bauchwand gedoppelt werden. Dieses Verfahren kommt heute nur noch in Einzelfällen zum Einsatz. Heute erfolgt meist eine Verstärkung der Leiste durch ein Kunststoffnetz, da dies die Wahrscheinlichkeit für das Wiederkehren (sog. Rezidiv) eines Bruchs über die Zeit verringert. Bei der Operation nach Lichtenstein wird die Hinterwand des Leistenkanals über einen offenen, ca. 5cm langen Schnitt in der Leiste mit einem Kunststoffnetz verstärkt. Heute bieten minimal-invasive Schlüsselloch-Operationen die Möglichkeit, das Kunststoffnetz in sogenannter TAPP- oder TEPP-Technik über drei 5-10mm lange Schnitte zwischen Muskulatur und Bauchfell einzubringen. Diese Verfahren scheinen etwas weniger Schmerzen zu verursachen und ermöglichen beim Vorliegen beidseitiger Leistenbrüche auch eine gleichzeitige Versorgung beider Seiten in einer Operation über dieselben drei kleinen Schnitte.

Wie sicher ist so eine Operation?

Prof. Kasparek: Sehr sicher – es handelt sich um einen der häufigsten chirurgischen Eingriffe überhaupt. Die OP selber dauert heute gerade mal rund 30-45 Minuten. Sowohl nach minimal-invasiver (Schlüssellochtechnik) als auch nach offener Operation ist die Berufs- und Leistungsfähigkeit in aller Regel schnell wieder hergestellt. Die meisten Leistenbruch-Patienten sind nach der Operation völlig überrascht, wie unkompliziert und unproblematisch alles verlaufen ist und wie schnell sie danach alle gewohnten Tätigkeiten wieder aufnehmen können.

Zeitungsseite als PDF: KW29_Leistenschmerzen_Prof_Kasparek.pdf

Kontakt:

Prof. Dr. med. Michael Kasparek
Schönfeldstr. 16
80539 München

Tel.: 089 28 67 59 10
www.chirurgie-josephinum.de